Rede des Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow am 7. Mai 2009 zur Aktuellen Stunde auf Verlangen CDU/CSU, SPD. Gemeinsam gegen Gewalt – Ächtung der Ausschreitungen und schweren Gewaltstraftaten am 1.Mai
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Die Gewalteskalation in Berlin wird von uns natürlich abgelehnt und muss entschieden bekämpft werden.
Das gilt aber auch für die Gewalteskalation, die es in anderen Städten gegeben hat. Dazu habe ich von Ihnen bisher wenig gehört.
Leider glauben wohl immer noch zu viele, Faschismus und rechtsextreme Gewalt, das sei eine Randerscheinung, ein Problem, das es vielleicht da und dort in einigen Regionen gebe, das sehr begrenzt und zu vernachlässigen sei.
Dazu kann ich nur sagen: Machen Sie die Augen auf, und richten Sie Ihren Blick nicht nur auf Berlin so wichtig das für uns auch ist, sondern zum Beispiel auch auf meine Heimatstadt Dortmund! Dort gab es eine friedliche Maidemonstration, so wie sie jedes Jahr stattfindet und an der wir Sozialdemokraten uns immer beteiligen. Wir standen dort sehr friedlich und waren abmarschbereit, als mehrere Hundert Rechtsextremisten mit Holzlatten einströmten und auf uns, auf unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger dazwischen standen auch kleine Kinder hilflos herum einprügelten. Die leider nur sehr wenigen und schlecht ausgerüsteten Polizisten waren überfordert, haben aber alles versucht, um die Menschen zu schützen. An dieser Stelle vielen Dank noch einmal an die Polizei, die sich dazwischengeworfen hat und danach auch Verletzte zu beklagen hatte! Auch von unserer Seite gute Besserung für alle, die dort verletzt worden sind, seien es Polizisten oder Bürgerinnen und Bürger!
Herr Löning, Sie haben gerade auf den Innensenator von Berlin verwiesen. Wenn das in Berlin so ist, dann stelle ich die Frage, ob die Eskalation der Gewalt in Dortmund nicht der FDP-Innenminister von Nordrhein-Westfalen zu verantworten hat. Ich würde nicht so weit gehen, das zu bejahen; man muss differenzieren. Aber es stellt sich natürlich schon folgende Frage: Nachdem in Hannover die Demonstration der Rechten abgesagt worden war, haben die Gewerkschaften darauf hingewiesen, dass in Dortmund etwas passieren kann. Warum standen dann dort nur einzelne unbewaffnete Polizisten, die den Demonstrationszug nicht schützen konnten? Warum waren wir so hilflos, und warum konnte die rechte Gewalt dort so eskalieren? Diese Fragen sollten erlaubt sein. Man muss im Zusammenhang mit dem, was in Dortmund passiert ist, vor allem auf die Auswüchse im Internet zurückkommen. Auf den Seiten der Rechten wurde die Eskalation nicht nur begrüßt, sondern als Vorbild für nächste Aktionen dargestellt. Dort werden sogar offene Drohungen gegen Gewerkschaftsfunktionäre ausgesprochen. Dort steht beispielsweise: Schlagt die Gewerkschaftsbonzen, wo ihr sie trefft! Hier frage ich allen Ernstes: Können wir als wehrhafte Demokratie dies zulassen, und was müssen wir unternehmen, um dies zu unterbinden? Ich würde mich natürlich freuen, wenn auch die bürgerlichen Parteien dieses Thema auf ihre Tagesordnung setzten.
Die Aussagen, die ich gerade genannt habe, stellen eine neue Dimension der rechten Gewalt dar. Hier gibt es einen organisierten Hass gerade gegenüber Gewerkschaftern. Gestern waren es die Migrantinnen und Migranten, die Obdachlosen und andere, heute sind es Gewerkschafter und Polizisten, morgen sind es dann vielleicht Politiker, Unternehmer und engagierte Bürger. Was muss noch passieren, damit wir die Augen öffnen und uns diesen extremen Rechten entgegenstellen?
Es wurde gerade zu Recht angemahnt, dass es keine Demonstrationen gegen linke Gewalt und linke Eskalation gebe. Es gibt Gott sei Dank genügend Demonstrationen gegen Rassismus und Extremismus. Bei denen sehe ich aber die bürgerlichen Parteien nicht. Bei uns in Dortmund sehe ich keine Abgeordneten der CDU und der FDP; auch heute sehe ich sie in der Debatte nicht. Auch dort sollten Sie sich sehr stark engagieren.
Wir müssen uns diesen Kräften mit allem, was wir haben, entgegenstellen. Wir müssen den Gewerkschaftern, den engagierten Kirchenvertretern sowie den engagierten Verbänden und Vereinen zeigen, dass sie in ihrem Kampf gegen Rechtsextremismus nicht allein sind, sondern dass wir an ihrer Seite stehen. Natürlich müssen wir die Frage eines NPD-Verbots auf die Tagesordnung setzen und auch die Kampftruppen verbieten, die die NPD unterstützen. Wir haben jetzt gute Grundlagen auch für die Polizeipräsidenten in den Regionen als Beispiel nenne ich noch einmal Dortmund, dass Demonstrationen der Rechten, wie sie beispielsweise für den 5. September wieder angemeldet sind, verboten werden. Für viel wichtiger halte ich es noch, dass alle demokratischen Kräfte gemeinsam am 5. September überall, wo Demonstrationen angemeldet worden sind, selber die Plätze besetzen und für Toleranz und gegen Rassismus demonstrieren.
Es geht aber nicht nur um die Kampftruppen, sondern auch um die geistigen Brandstifter, also um diejenigen, die Rechtsextremismus in die Köpfe der Menschen bringen wollen. Wir müssen dazu beitragen, dass sich der Rechtsextremismus nicht in den Köpfen der Menschen verhakt. Andernfalls bekämen wir viele Probleme in unserem Land, mit denen wir uns auseinandersetzen müssten. Gemeinsam sollten wir uns dagegen zur Wehr setzen.
Vielen Dank.